Die Vererbung von Bildung

 

Die Vererbung von Bildung

 

 Wie auf Knopfdruck hört man Politiker aller Couleur heute sagen: Die Bildung der Kinder darf nicht vom Geldbeutel oder von der sozialen Stellung der Eltern abhängig sein. So darf es nicht sein. So ist es aber tatsächlich.

 Auf der Datenbasis des Mikrozensus von 2004 ist das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen in einer Analyse der Frage nachgegangen: „Wie weit fällt der Apfel vom Stamm?“ Es kann belegen, dass Bildungsarmut ebenso vererbt wird Bildungsreichtum. Kinder von Eltern mit Hochschulabschluss erreichen zu 75,1 % das Abitur, wohingegen die Kinder von Eltern mit einer Anlernausbildung nur zu 5,8 % den höchsten Schulabschuss, das Abitur, erwerben. Dieses Ergebnis bestätigt die Erkenntnisse der sozialwissenschaftlichen Bildungsforschung, die dieses Phänomen schon in den 1960er Jahren hinreichend analysierte und die schulische Reproduktion sozialer Ungleichheit ursächlich an der Schulstruktur festmachte.

 Wenn man also politisch gewollt hätte, hätte man längst erkennen können, dass die auffällig enge soziale Kopplung von Herkunft und Bildung in Deutschland eine Folge der frühen Aufteilung der Kinder auf das gegliederte Schulsystem ist. Der Verzicht auf die Aufteilung wäre aber verbunden mit einem Verzicht auf Bildungsprivilegien. Deshalb steht auch die Strukturreform bei Teilen der bildungsnahen und politisch relevanten Wählerschichten nicht hoch im Kurs oder gilt sogar als unerwünscht.

 Fazit: Das gemeinsame Lernen ist eine ganz besondere Herausforderung für diejenigen, die ihre Bildungsprivilegien behalten und verteidigen wollen.

Die ZEIT spricht im Zusammenhang mit den Hamburger Protesten gegen die Verlängerung der Primarschule vielsagend von dem „Aufstand der Gucchi-Eltern“.